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Himmelsschau im Wald

Nebra macht das Rennen um die Namensgebung für den Fund vom Ziegelrodaer Forst

Quelle:
Mitteldeutsche Zeitung, 26.09.2002

Nebra/MZ. Es ist eine atmosphärische Gegend, unberührt und still, dichte Wälder auf Hügelkuppen zwischen den Senken und Schluchten des Unstruttals. Ein epochaler Ort der Kulturgeschichte, wie man seit gestern offiziell weiß, und der dafür wie geschaffen zu sein scheint: Auf der Spitze des Mittelbergs, am Südrand des Ziegelrodaer Forsts, barg die Erde jahrtausendelang ein Zeugnis frühester Himmelskunde, bis es Schatzjäger aus dem Boden holten. Landesarchäologe Harald Melier hat jetzt nach immer neuen Enthüllungen die Medien dorthin geführt, wo die „Sternenscheibe" ans Licht kam.

Geheimnis um Fundort der Himmelsscheibe von Nebra gelüftet

Am 25.9.2002 präsentierte Landesarchäologe Harald Meller (Mitte) im Ziegelrodaer Forst unweit von Querfurt und Nebra erstmals den Fundort der als Sternenscheibe bekannt gewordenen astronomischen Darstellung aus der Bronzezeit. Das Fundstück wird nun als "Himmelsscheibe von Nebra" bezeichnet
 



Heißen soll sie zumindest in der Wissenschaft so nicht mehr, gab er bekannt. Mit dem jetzt offiziellen Namen „Himmelsscheibe von Nebra" verbreitete er unter den versammelten Lokalpolitikern keine ungeteilte Freude. Auch Querfurt, Ziegelroda und Wangen hätten den Glanz des Namens gerne auf sich gezogen. Die Region erhofft sich freilich als Ganzes von der Attraktion einen touristischen Schub. An der Grabungsstelle sprach Landrat Harri Reiche (Burgenlandkreis) von Überlegungen zu einer entsprechenden Erschließung.

Und da käme es sehr gelegen, wenn die Archäologen die Hypothese eines „Observatoriums" bestätigen würden. Meiler und sein gerade fünfköpfiges Team graben seit Anfang August inmitten einer kreisförmigen Wallanlage an der Stelle, wo die Sondengänger nach Verhören der Polizei den Fundort der Sternenscheibe offenbarten. Meiler hält es für unwahrscheinlich, dass der Wallgraben, der auf dem Plateau heute nur noch als Bodenwelle erkennbar ist, jemals Verteidigungscharakter besaß. Wenn es ein heiliger Bezirk war, so war sein wichtigstes kultisches Gerät jene Bronzescheibe, die in ihrer Darstellung von Himmelskörpern, zwei „Horizontbögen" und (möglicherweise) einem „Himmelsschiff" den Nachweis einer ortsspezifischen Himmelskunde erlaubt (MZ vom 24. September). Der Ort wiederum liegt in Blickachse zum Sonnenuntergang an zwei markanten Punkten: am Brocken zur Sommersonnenwende und am Kyffhäuser zum ersten Mai. Für den Bochumer Astronomen Wolfhard Schlosser bestätigt das die Bedeutung des Mittelbergs als Vorposten zur Himmelsschau.

Die Grabung hat den letzten Verwahrort der Scheibe genau ermittelt. Sie lag in einer eigens aus dem Buntsandsteinfels gehauenen Grube unter einer „Steinpackung" wie in einem Depot. Der Winkel der Kerben, die die Räuber mit einem Zimmermannshammer beim Freilegen in die Scheibe schlugen, lässt auf die ursprüngliche Lage schließen, nämlich mit den Horizontlinien seitlich und dem „Schiff" unten. Die zusammen mit der Scheibe vergrabenen Bronzeschwerter, die die Datierung in die Frühbronzezeit, ca. 1600 vor Christus, ermöglichen, lagen davor.

 

Wo die Scheibe lag:
Archäologe Thomas Koiki im Wald bei Nebra
 

Die ersten Funde aus dem Wallgraben deuten bisher auf die jüngere Eisenzeit, das heißt um 700 vor Christus. Aber solange die Grabung nicht abgeschlossen ist, wollen die Archäologen keine Rückschlüsse auf eine eventuelle Nutzungsdauer der Anlage ziehen. Hoffnung auf neue Entdeckungen macht ihnen eine ausgedehnte Fläche, die unter Brombeergestrüpp offenbar noch unangetastet liegt. Denn überall sonst haben Grabräuber mit ihrer Sondengängerei den Boden aufgewühlt. Das Kulturerbe wurde maulwurfsartig durchlöchert.

Staatsanwalt Ingo Sierth ließ durchblicken, was die Beschuldigten im Fall der Sternenscheibe für derlei Frevel zu erwarten haben: Bis zu drei Jahre Gefängnis für die Raubgräber (es waren zwei), bis zu fünf für die Hehler.

Von unserem Redakteur GÜNTER KOWA

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letzte Änderung: 27. August 2004, © ungerweb